KAPELLE DER MUTTERGOTTES VON OPPELN
Seit Jahrhunderten liegt das gnadenreiche Bild der Muttergottes von Oppeln den Stadteinwohnern und vielen Pilgern besonders am Herzen. Heute kommen die Gläubigen mit kleinen und größeren Sorgen des Alltags zu Maria. Manchmal besuchen sie die machtvolle Kathedrale nur für einen kurzen Moment, um sich respektvoll vor Maria zu verbeugen. Sie flüstern verneigt ihre Gebete und voller Glauben und Hoffnung, dass die Mutter des Erlösers sie, wie diejenigen, die vor Jahrhunderten ihr ihr Leben anvertrauten, erhört, gehen sie weiter.
Und dafür, dass Maria die Gebete erhört hat, gibt es viele Beispiele. Das aus Deutsch Piekar stammende Bild wurde im 17. Jahrhundert als gnadenreich erkannt, als es Kaiser Leopold I. zur Rettung des tschechischen Prags an das Jesuitenkolleg St. Clemens holte. In der Stadt an der Moldau wurde die Bevölkerung durch eine Pest dezimiert. In den Berichten wurde darauf hingewiesen, dass als dass Marien-Bild, damals noch aus Deutsch Piekar, dorthin gebracht wurde, viele, die vor ihm beteten, wieder gesund wurden.
Am 15. März 1680 wurde das Bild in einer feierlichen Prozession durch die Straßen von Prag zum Veitsdom gebracht, und... die Pest hörte kurz darauf auf. Der Prager Bischof Johann Friedrich hat es damals als „wunderbar“ bezeichnet. Mit zahlreichen Votivgaben beschenkt, kehrte die Muttergottes nach Deutsch Piekar zurück und ihr Kult verbreitete sich. Am 8. August 1681 unternahmen die Bewohner von Oppeln eine Pilgerfahrt, um der Muttergottes für das Ende der Pest aus den Jahren 1679 bis 1680 zu danken. Gemäß den Empfehlungen des damaligen Stadtrates nahmen Vertreter jeder Familie aus Oppeln an dieser Pilgerfahrt teil.
Im Jahr 1739, während des großen Brandes unserer Stadt, wurde das Bild durch die Straßen von Oppeln getragen. Berichten zufolge, als die Prozession bereits den Weg in Richtung Kirche eingeschlagen hat, kam ein Wolkenbruch, der das zerstörerische Feuer löschte. Ein Jahr später hat die Gottesmutter die Bewohner unserer Stadt vor der Flut bewahrt. All dies verursachte, dass zur Maria nach Oppeln nicht nur Pilger aus Schlesien, sondern auch aus Mähren und Böhmen gekommen sind. Die Anzahl der Wallfahrten wurde pro Jahr in Dutzenden gezählt. Eines Jahres waren es sogar 113!
Zum ersten Mal brachten die Jesuiten 1683 das gnadenreiche Bild nach Oppeln aus Angst vor der nahenden türkischen Invasion. Die Gläubigen von Deutsch Piekar mussten sich, trotz ihrer Einwände, mit einer Kopie des Bildes begnügen. Vor ihr betete am 20. August 1683 der polnische König Johann III Sobieski, der zur legendären Schlacht am Kahlenberg unterwegs war. Als Dank für den Sieg über die Türken schenkte der König der Muttergottes ein silbernes Kleid. 1697 betete vor dem Bild auf dem Weg zu seiner Krönung August der Starke. Dann kam das Bild aus Deutsch Piekar nach Oppeln aus Angst vor der Schwedischen Sintflut im Jahr 1702, und ist seitdem hier geblieben.
Mit Sicherheit kann man sagen, dass das Bild der Gottesmutter aus Deutsch Piekar auf drei zusammengesetzten Lindenbrettern gemalt wurde. Als Temperabild wurde es zwischen 1480 und 1500 in einer anonymen Malerwerkstatt an einem unbekannten Ort hergestellt. Es wird auf Böhmen wegen der Ähnlichkeit mit anderen Bildern, die zur selben Zeit auf tschechischem Boden gefertigt wurden, hingewiesen. Maria, in einer ikonischen Pose, hält das Jesuskind auf dem linken Arm und einen Apfel in der rechten Hand, die in Richtung Christus ausgestreckt ist. Das Kind zeigt mit der rechten Hand auf seine Mutter, die linke Hand ruht auf dem Evangelistar.
In der Chronik der Jesuitenpater aus dem 18. Jahrhundert, kann man folgendes lesen: „Es scheint, dass diese Mutter mit ihren Augen jeden anschaut, und selbst wenn Tausende anwesend wären, denkt jeder von ihnen, dass die Mutter Jesu ihn persönlich mit ihren mütterlichen Augen anschaut.“
Lange Zeit wurde das gnadenreiche Bild an mehreren Orten ausgestellt. Nach der Auflösung des Jesuitenordens im Jahre 1810 wurde es in die nicht weit von hier gelegene Oppelner „Bergelkirche“ versetzt. Während der napoleonischen Kriege kam es 1813 in die Kreuzkirche und wurde in eine der südlichen Kapellen gebracht.
Das Bild der Muttergottes von Oppeln befindet sich heute in einem schönen Barockaltar aus dem Jahr 1713. Dieser Altar wurde 1927 aus Hirschberg vom damaligen Pfarrer der Stiftskirche Josef Kubis gekauft. Derselbe hat aus Angst vor dem tobenden Krieg Professor Fey aus Berlin 1943 beauftragt, eine originalgetreue Kopie der Gottesmutter von Oppeln anzufertigen. Diese Kopie wurde dann in der Kirche exponiert und das Original in Proskau bei Oppeln versteckt. Nach dem Krieg kehrte es an seinen Platz zurück.
Einer der wichtigsten Tage in der Geschichte des Bildes, aber auch der Kathedrale von Oppeln und der gesamten Diözese, war der 21. Juni 1983. Zu dieser Zeit besuchte Johannes Paul II., während seiner zweiten Pilgerreise in sein Heimatland, auch St. Annaberg. Dort krönte er mit päpstlichen Kronen das Bild der Gottesmutter von Oppeln.