EPITAPHE
Was Sie vor sich sehen, ist ein Epitaph. Per Definition ist das Epitaph eine Grabsteininschrift zum Gedenken eines Verstorbenen auf einer Tafel oder Einer Grabplatte.
Die Epitaphe können die Form einer Grabplatte oder einer Gedenktafel haben, die sich an der Kirchenmauer unweit der Grabstätte befindet. Sie sind meistens aus Stein, Gusseisen oder Bronze hergestellt. Die Verzierung der Tafeln hing nur von den Möglichkeiten und den Ideen der Besteller ab. Es gab einfache Epitaphe, mit einem Wappen und einer Inschrift, aber auch reich verzierte Epitaphe, die eine oder mehrere biblische Szenen oder das Porträt des Verstorbenen darstellten.
In der Oppelner Kreuzkirche befinden sich 27 solche Epitaphe. Sie sind hauptsächlich Geistlichen, Vertretern hervorragender Adelsfamilien, Bürgern und Patriziern und ihren Verwandten gewidmet. Sie sind zweifellos ein Bild des schlesischen Kunsthandwerks ihrer Zeit und der in Stein gemeißelten Stadtgeschichte.
Eines der schönsten ist das Epitaph aus dem Jahr 1630 aus einem polychromen, vergoldeten Sandstein. Gestiftet ist es von Georg Skopek, den Domherr der Stiftskirche und Oppelner Kanoniker. Darauf sind vier Szenen vorgestellt. Ganz unten sieht man Jesus am Kreuz und die heilige Lutgard, die Vorläuferin der Herz-Jesu-Andacht, die unter dem Kreuz kniet; Georg Skopek selbst kniet auf der anderen Seite des Kreuzes. Beiderseits sind auch Inschriften eingraviert. Die erste lautet: „Für den besten Gott, die herrlichste Jungfrau Maria und alle Heiligen im Himmel“. Die zweite teilt mit, dass der Stifter „ohne Angst und nicht aus Gier seinen Eltern: dem Stadtsenator Balthasar Skopek und seiner Frau Helene, geborene Weissenberger, dieses Epitaph gestiftet hat.“
Gleich über dieser Szene befindet sich eine weitere, die den Kampf des Heiligen Georg, dem Schutzpatron des Stifters, mit dem Drachen darstellt. Im Hintergrund dieser Szene sieht man noch eine geheimnisvolle Frau mit einem Schaf. Die größte der Szenen, die dritte von unten, zeigt hingegen die Anbetung der Drei Könige auf dem Hintergrund eines Renaissance-Gemachs. Die Rollen der Drei Könige spielen: Balthasar, Georg und Helene Skopek. Begleitet werden sie von der heiligen Helena, der Schutzpatronin von Georgs Mutter, die ein Kreuz in der Hand hält. Ganz oben auf dem schönen Epitaph befindet sich eine der Heiligen Dreifaltigkeit gewidmete Szene mit der Aufschrift: „Heilige Dreifaltigkeit, erbarme dich unser.“
Bemerkenswert ist das aus zwei Szenen zusammengesetztes Epitaph aus dem 16. Jahrhundert, das Dorota Zubrzycka gewidmet ist; sie war die Frau des Stifters dieses Werkes - Joachim Jendriczek, eines Oppelner Patrizier. Es ist in die Wand des nördlichen Kirchenschiffs eingemauert. Die untere Szene zeigt die Geburt Christi: Maria kniet daneben und der Heilige Josef steht über der Krippe. Außerdem werden ein Ochsen und ein Esel dargestellt. In der oberen linken Ecke dieser Szene sieht man einen Engel, der die Geburt des Erlösers einem Hirten verkündet. Auch der Weihnachtsstern fehlt nicht. Die obere Szene zeigt die Auferstehung Christi, der, in einen Mantel gekleidet, mit erhobenen Armen steht. Soldaten schlafen um ihn herum.
Wunderschön ist auch das Epitaph am Seiteneingang der Kathedrale, links von der Sakristei, das 1608 vom Oppelner Dekan Georg Johann Stephetius gestiftet wurde. Das Epitaph stellt eine Szene dar, in der Maria, in ein weites Gewand gekleidet, Christus, der vom Kreuz abgenommen wurde, hält. Mit der linken Hand hält sie seinen Kopf und mit der rechten seinen leblosen Körper. Ein strahlender Heiligenschein breitet sich über ihrem Kopf aus und unter der Szene befindet sich eine Inschrift: „Unterstütze die Unglücklichen, spreche den Ängstlichen Mut zu, tröste die Weinenden.“
Im nördlichen Kirchenschiff der Stiftskirche befindet sich ein Epitaph, das Jesus in einer Dornenkrone auf einem Grabstein sitzend, in seinen Händen eine Peitsche und eine Rute, darstellt. Neben seinen Füßen liegen die mit der Kreuzigung verbundenen Werkzeuge: Nägel, ein Hammer, eine Zange, Würfel und ein Wasserkrug. Hinter Christus steht ein Pranger und darauf ein Hahn – ein Zeichen für den Hahn, der dreimal krähen sollte, als Petrus drei mal Christus verleugnete. Darunter befindet sich eine Inschrift, die besagt, dass das Epitaph 1627 vom Oppelner Patrizier Gregor Schraiber seiner Frau Margarethe gestiftet wurde.
Es kann eine interessante Reise durch die Jahrhunderte sein, an den Epitaphen der Oppelner Kathedrale entlangzugehen. Kunstvoll verziert – mit Wappen oder Blumenmotiven – zeugen diese von der Bedeutung des Verstorbenen und des ganzen Geschlechts. Sie sollen auch der Nachwelt eine Erinnerung sein und drücken die Bitte um das Gebet für die Verstorbenen aus. Und schon deshalb sollte man an ihnen nicht gleichgültig vorbeigehen...